Auszug aus:
Patienten-Brief der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, 1996
Analytische Psychotherapie
Ziel der analytischen Psychotherapie ist die Veränderung krankmachender,
tief verwurzelter seelischer Grundstrukturen.
Nach den Vorstellungen der psychoanalytischen Theorie wird die Frage von
Gesundheit und Krankheit unter anderem von der Lebensgeschichte eines Menschen
mitbestimmt. Der frühen Kindheit wird dabei eine besondere Bedeutung
zugeschrieben. Am Anfang des Lebens muss ein Kind viele neue und deshalb
schwierige Aufgaben bewältigen. Dabei helfen ihm seine Eltern. Aber
das richtige Maß an Hilfestellung zu finden, ist schwierig. So können
infolge von zu großem Mangel an Zuwendung oder zu großer Verwöhnung
seelische Konflikte entstehen.
Da sich in solchen seelischen Konflikten eine schmerzliche und bedrohliche
Geschichte verdichtet, werden sie oft ins Unbewußte verlagert zum
Schutz des sosgenannten "Ich".
Die Verdrängung ist der bekannteste Abwehrmechanismus
der Seele. Durch ihn schützt sich die Seele vor Schäden - doch
das klappt nicht immer. Ist das "Ich" eines Menschen durch vorausgegangene
Konflikte zu geschwächt oder der aktuelle Konflikt zu groß, kann
es zum Ausbruch einer seelischen Krankheit kommen. Die Abwehr versagt; körperliche
oder seelische Beschwerden sind die Folge. Therapeutische Hilfe ist gefragt.
Der Therapeut versucht zuerst, die krankmachenden Strukturen zu entdecken.
Das geht nur, wenn der Patient bereit ist, über all das zu sprechen,
was ihn bedrückt. Das ist gar nicht einfach, weil dabei auch Gefühle
berührt werden, die unangenehm oder schmerzlich sein können. Aber
nur so kann der Therapeut die krankmachenden Strukturen ver-stehen und sie
im Gespräch verdeutlichen, damit allmählich gesündere und
für die jetzigen Lebenszusammenhänge besser geeignete Strukturen
aufgebaut werden können.
Dabei handelt es sich nicht um einmalige Vorgänge. Die krank-machenden
Erlebnisse müssen immer wieder "durchgearbeitet" werden,
weil sie ja auch durch unzählige frühere Abläufe das Verhalten
des Patienten geprägt haben.
Das kostet natürlich Zeit. Eine psychoanalytische Psychotherapie kann
deswegen recht lange dauern.
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